Und ein Menschenrechtsabkommen, das in den Schubladen verrottet!
Wie passt das zusammen, fragen die Expertinnen des Frauennotrufs Trier (Fachstelle zum Thema Sexualisierte Gewalt) am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft sexualisierte und Gewalt in engen sozialen Beziehungen gegen Frauen als schädigend für die öffentliche Gesundheit ein. Ob in den Familien, in den Arbeitswelten, in Bildungseinrichtungen, im Freizeitsektor – tagtäglich und in allen Altersphasen sind Frauen hier sexualisierten Übergriffen ausgesetzt. „Sexualisierte Grenzüberschreitungen können auf der persönlichen Ebene irritieren, belasten oder gar krankmachen. Auf der gesellschaftlichen Ebene schwächen sie die Strukturen, weil sie das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern abbilden, statt eines gleichberechtigten Miteinanders auf Augenhöhe“, so Monika Neumann vom Frauennotruf Trier. Laut Neumann haben sich 2019 über 100 Menschen an die Fachstelle gewendet, eine vergleichsweise geringe Anzahl, die lediglich erahnen lässt, was im Dunkelfeld passiert.
Eigentlich sollte ja alles besser werden, denn seit 2018 ist die Istanbul Konvention in Deutschland in Kraft. Die Istanbul Konvention ist ein umfängliches Menschenrechtsabkommen, das in den Bereichen Prävention, Öffentlichkeitsarbeit, Unterstützung von Betroffenen und Strafverfolgung eine wirksame Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt formuliert. „Doch Gesetzestexte auf- und unterschreiben sind lediglich Teilschritte in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen“, so Ruth Petri vom Frauennotruf Trier. „Es braucht nun endlich auch die notwendigen Mittel, um Präventionskonzepte zu erstellen, Unterstützungsangebote auszubauen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, Strafverfolgungsbehörden zu schulen und Unterstützungsangebote massiv auszuweiten!“ Der Interventionsverbund des rheinlandpfälzischen Interventionsprojekts gegen Gewalt in engen Sozialen Beziehungen hat anlässlich der Überprüfung der Umsetzung der Istanbul Konvention einen unverblümten Schattenbericht erstellt, der Lücken und Bedarfe in RLP offenlegt!
Eine gesunde Gesellschaft braucht gut durchdachte Programme, quasi psychosoziale „Impfprogramme“, die im Miteinander der Geschlechter Raum geben für neue Einstellungen, Hintergrundinformationen und neue Verhaltensmuster. Zu teuer oder zu früh gilt nicht, wenn es um Gesundheit geht! Darüber sind sich in der Fachstelle alle einig. Istanbul Konvention umsetzen! JETZT!